Segeln auf Sicht

Haben Sie auch schon davon gehört – auch wenn Sie nicht segeln? Wir leben in einer sich digital transformierenden 4.0-VUCA-Welt! Einer Welt, in der Volatilität, Ungewissheit, Komplexität (Complexity) und Mehrdeutigkeit (Ambiguity) die Szene weit mehr bestimmen sollen als in der stabilen Welt zum Ende des letzten Jahrhunderts …

Ich finde, da ist was dran.

Kunden von heute sind nicht mehr zwangsläufig Kunden von morgen. Volatilität überall: Der stationäre Handel verliert schon länger Käufer an Onlineshops, die Empfehlungen von Reiseverkehrskaufleuten wurden durch Bewertungsportale ersetzt – und Automobilhersteller bieten nicht mehr nur neue Wagen, sondern bald auch autonome Mobilitätskonzepte an.
Kaum ein Geschäftsmodell von heute scheint für morgen noch gewiss: Der 3-D-Druck ersetzt auf einen Schlag feinmechanische Glanzleistungen, und Blogs, Instagram, Facebook, Twitter, Google und Co. ersetzen Funk, Fernsehen, Zeitungen und Agenturen als Informationsquelle.
Verflechtungen, Rückkopplungen und Dynamik machen Komplexität spürbar. Big Data, immer leistungsfähigere Hardware und bessere Glasfaser-Infrastruktur machen die tägliche Fahrt ins Büro überflüssig, räumliche Entfernungen spielen kaum eine Rolle mehr. Neue Ideen und undenkbare Geschäftsmodelle entstehen Schlag auf Schlag: ein Taxiunternehmen ohne Fahrzeuge (Uber), ein Reisekonzern ohne Hotels und Ferienwohnungen (Airbnb) und ein Handelsunternehmen ohne Lagerbestand (Alibaba).

Diese wenigen Beispiele, die jeder von uns noch durch zahlreiche eigene Erfahrungen ergänzen kann, zeigen die Mehrdeutigkeit der digital transformierten 4.0-VUCA-Welt. Technologie und deren Produkte sind nicht mehr nur gut, fortschrittlich und notwendig, sondern gleichzeitig besorgniserregend, kulturell verstörend und „arbeitsplatzvernichtend“.

VUCA Wetter

Aber egal, wie wir das auch persönlich finden mögen, die VUCA-Welt ist ein Fakt, mit dem wir umzugehen haben. Sie ist wie das Wetter: nicht immer so, wie wir es uns wünschen, aber einfach da. Wir haben gelernt, dass es nichts nützt, den Regen anzubrüllen, wenn wir Sonne wollen, sondern es klüger ist, entsprechende Kleidung anzulegen.

Mein neues Buch will Ihnen helfen, mit dem VUCA-Wetter professionell umzugehen. Es zeigt, wie Sie auf der Welle der Komplexität surfen und durch die Ungewissheit navigieren können, statt ängstlich an Land zu hocken und auf eine Wetterbesserung zu hoffen.

2014 präsentierte die Initiative „Neue Qualität der Arbeit“, in der sich unter Schirmherrschaft der Bundesregierung Arbeitgeber, Gewerkschaften, Kammern, Sozialversicherungen, Stiftungen und die Bundesanstalt für Arbeit zusammengefunden haben, zur „Führungskultur im Wandel“ folgende Kernthese:

„Hierarchisch steuerndem Management wird mehrheitlich eine Absage erteilt und selbst organisierende Netzwerke sind das favorisierte Zukunftsmodell. Dabei geben die 400 Befragten Kooperationsfähigkeit den Vorrang vor traditionellen Wettbewerbsstrategien. 100 Prozent der interviewten Führungskräfte halten die Fähigkeit zur professionellen Gestaltung ergebnisoffener Prozesse für eine Schlüsselkompetenz. Angesichts instabiler Marktdynamik erscheint ein schrittweises und flexibles Vortasten Erfolg versprechender als die Ausrichtung des Handelns an Planungen.“

Der leider viel zu früh verstorbene Prof. Peter Kruse prägte für dieses Verhalten den Begriff „Segeln auf Sicht“. Die Metapher macht deutlich, wohin sich unsere Art zu wirtschaften entwickeln wird.

Segeln auf Sicht ist die angemessene Reaktion auf die zunehmende Veränderungsgeschwindigkeit und wechselnde Winde, denn die Paradigmen für Führung und Management haben sich geändert:

  • Führung muss Haltung zeigen und grundlegende Werte/Prinzipien leben, statt „moderne“ Methoden richtig umzusetzen. Business Reengineering, Shareholder Value oder die Balanced Scorecard passen wunderbar in das Zeitalter 2.0. In einer digitalen 4.0-VUCA-Welt gehen Persönlichkeiten, die Werte verkörpern, Komplexes von Kompliziertem unterscheiden und gerade in stürmischer See Haltung zeigen, in Führung.
  • Es sind Protoypen, die „good enough“ sind und nicht „ausgetestete“ Exzellenzlösungen, die uns zukünftig voranbringen. Strategische Pläne abzustimmen und niederzuschreiben ist nur noch Zeitverschwendung. Leitbilder, Strategien und Umsetzungspläne, bei denen in der Formulierung um jedes Wort gerungen wird, sind immer öfter bereits nach der Drucklegung veraltet. Task Boards, Canvas und Design Thinking sind dagegen sinnvolle Hilfsmittel, um die nächsten Schritte gemeinsam anzugehen.
  • Klug ist, lieber rasch und unvollständig zu handeln statt spät und vollständig. Der Markt wird unübersichtlich, denn die Innovations- und Produktzyklen werden immer schneller – und die Big-Data- Masse ist nicht zu überblicken. Deshalb ist es klug, kurze Strecken mit hoher Intensität zu „sprinten“, statt für lange Reisen eine Menge Gepäck mitzuführen.
  • Es braucht die Lust, sich immer wieder neu zu entscheiden, statt dauerhafte Weichenstellungen zu betonieren. Es gilt mit der Regel „Zeitnah, aber nicht im Affekt“ zu führen. Auch beim Segeln auf Sicht braucht es Entscheidungen, Verbindlichkeit und Verantwortungsübernahme. Besser Sie treffen diese nicht einsam und allein, sondern nach hoher Interaktion im Führungsteam.
  • Unentscheidbare Entscheidungen zu treffen, Uneindeutigkeit aushalten zu können, 2.0-Muster zu brechen, Rolleninhaber statt Stellenbesitzer zu sein und die Unterschiede in gleichrangigen Teams zu nutzen, darauf kommt es jetzt an.

Sie werden in meinem neuen Führungshandbuch für ungewisse Zeiten in elf kurzen Abschnitten die Aufforderung finden, Ihr bisheriges Repertoire zu erweitern und bewährtes Führungswerkzeug zu ergänzen. Denn in einer Welt der Mehrdeutigkeit kann es kein neues, einziges und überragendes Führungsparadigma mehr geben. Über diesen elf Aufforderungen, etwas dazuzulernen, „thront“ ein Prinzip, auf dem das „Segeln auf Sicht” sich gründet: die Drei-I-Regel.

Führung unter Ungewissheit ist

  • inkrementell: weil große Pläne schon veraltet sind, bevor sie erscheinen;
  • interaktiv: weil einsame Helden mit ihrem Latein im VUCA-Wetter am Ende sind;
  • iterativ: weil Komplexität nicht in einem Zug bewältigt werden kann.

Wird Ihr Unternehmensschiff im VUCA Wetter durchgeschüttelt?
Dann melden Sie sich kurz unter lotse@hinz-wirkt.de  für ein erstes, unverbindliches Gespräch…

6 Kommentare zu „Segeln auf Sicht“

  1. Lieber Olaf Hinz
    wissen Sie, dass das Wort VUCA veraltet ist und aus dem Militär stammt. Es ist einfach ein neuer Hype, auf den alle aufspringen wollen. Alles, was hier beschrieben wird, ist wunderbar und konzeptionell hochstehend nachzulesen in Ed Schein s neusten Büchern „Humble Inquiry“, „“Humble Consulting“ und „Humble Leadership“. Vieles an den neuen Wörtern wie agil, holacracy, disruptiv ist uralter Wein in neuen Schläuchen (siehe dazu die Filmausschnitte mit Ed Schein zu unserer HWZ Konferenz). Ihr Bild vom Segeln und vom Lotsen ist sehr hilfreich und auch amüsant. Für Ihre Projekte und Unterfangen weiterhin viel Erfolg.

  2. Hallo Olaf,
    nachdem ich mich mal vor einiger Zeit kritisch über deinen Schreibstiel äußerte muss ich jetzt sagen „toll geschrieben“.
    Ich hätte gerne ein signiertes Buch ! … Der Artikel macht mich neugierig!

    Beste Grüße
    Stefan

  3. Mir ist es einfach wichtig, auf die Ursprünge zurückzugehen. Organisationsentwicklung und Autoren wie Schein sind seit den 50 er Jahren unterwegs und formulieren präzise und mit Fundament. Sie sind vollkommen up to date. Und der Hype um agil, disruptiv etc. ist einfach „systemisches Geschwafel“. Ist für mich auch einer der Gründe, warum ich nur noch auf die Coaching Konferenz der Oltner Kollegen gehe und alles andere auslasse. Und dass man immer wieder zurückkommt auf das Thema „Führung“ ist auch klar.
    Das Gleiche gilt für meinen Kollegen Otto Scharmer und seine „Theory U“. Stammt alles von Schein, Argyris, Lippitt…und ist dort viel besser und klarer formuliert.
    Wenn Sie können, wäre ich froh um ein Rezensionsexemplar. Ich bin ja mit Herrn Klockenbusch von Springer in Diskussion, unsere Buchreihe hinüberzunehmen.

  4. Hallo lieber Olaf Hinz,
    es ist für mich sehr interessant, wie sich der „erleuchtete“ Dr. Gerhard Fatzer zu ihrem Buch äußert. Er hat ja völlig recht, das viele Dinge in den Grundlagen bereits seit Jahrzehnten bekannt sind als Ergebnis davon, das sich einige intelligente Menschen damit systematisch beschäftigt haben.
    Für einen kleinen Anwender, der heute „übers Wasser segeln“ muss, so wie ich es einer bin, sind ihre Ausführungen hilfreich. Mein Intellekt reicht nicht aus, alle über die Jahrzehnte entwickelten Grundlagen auf meine Schwierigkeiten und Herausforderungen im Alltag zu übertragen. Zudem verändern sich die Rahmenbedingungen zunehmend schneller und in immer komplexerer Ausprägung. Deshalb bin ich für ihre Erklärungsmodelle und angepassten Werkzeuge zu Bewältigung dieser Gegebenheiten dankbar und freue mich auf die Lektüre ihres Buchs.

    Herzliche Grüße aus Kiel,
    Knud Jansen

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen