digitale Transformation ist ein Missverständnis, aber Change Management lebt

Im Juni hatten wir zu unserer Sommerumfrage 2018 zum Thema „Change“ aufgerufen. 220 Personen haben an der Umfrage teilgenommen, deren ausführliche Ergebnisse wir hier dokumentiert haben – Vielen Dank!

Die Ergebnisse im Überblick

  • Das Einstellung zum Thema „Veränderung“ hat sich verbessert
Sommerumfrage2018
  • Das Change Glas ist „halb voll“,
    denn für über ¾ waren die Veränderungen mit denen sie bisher zu tun hatten zu 50% oder mehr erfolgreich. Für 34% der Befragten waren sie sogar zu 75% erfolgreich.
  • die weichen Faktoren sind im Fokus,
    denn die fünf wichtigsten Erfolgsfaktoren sind „das Mitnehmen der Mitarbeiter und Führungskräfte“, „Emotionen & Widerstand“, „erhöhter Kommunikationsaufwand“, „nachhaltiger Kulturwandel“ und „eine attraktive Vision“.
  • Change Prozesse sind eher ungesteuert,
    und werden mehrheitlich als chaotisch und „in kleinen Schritten“ beschrieben
  • Digitalisierung ist mehr Mittel als Zweck,
    denn sie wirkt für die Befragten vor allem im Bereich „der Werkzeuge, mit denen wir arbeiten“, „den Wegen und Kanälen, auf denen wir mit Kunden im Kontakt sind“, „die Geschäftsprozesse“ und „die Art & Weise, wie ich arbeite“.
  • Agilität ist auch eine Kulturfrage,
    denn nach „der Art & Weise, wie ich arbeite“ wird „die Kultur des Unternehmens“ an zweiter Stelle genannt, als wir fragten, welche Veränderung Agilität vor allem bedeutet.
  • Die „agile Transformation“ wirkt umfassend,
    denn in 10 der 21 befragten Veränderungsfelder wird sie von den Befragten als Erfolg versprechender gesehen. Die sind vor allem die Felder, die Kunden, Markt und Produkt betreffen.
  • Die „digitale Transformation“ ist ein Technikphänomen,
    denn sie wird nur im Bereich Technologie als Erfolg versprechender angesehen.
  • Change Management ist für die weichen Faktoren zuständig,
    vor allem wenn es um Kultur & Werte, Rollen, Kommunikation und Führung geht.

Das Fazit: kein neues Management Wunderding

Die Ergebnisse zeigen „work in progress“. Die Art, wie Organisationen sich aufstellen und Menschen Arbeitsteilung miteinander verabreden, wird vielfältiger. Es kommt dabei eher zu einem neben- und miteinander verschiedener Ansätze, als dass sich jetzt ein überlegender neuer Ansatz herausbildet. Daher ist unser Fazit auch in Form von vier Thesen formuliert:

  • „Change Management“ ist nicht tot, sondern muss sich auf das Wesentliche konzentrieren.
    In einer Zeit abnehmenden Berechenbarkeit und zunehmender Komplexität sollte sich die Profession Change Management von der Steuerungsphantasie endlich verabschieden. Prozesse, die in Phasenmodellen geplant, terminiert und „durchmoderiert“ werden, sind Vergangenheit.
    Den breiten Erfahrungsschatz, den Agenten der Veränderung in den letzten Jahren im Bereich „der weichen Faktoren“, wie Kultur und Wertearbeit, Umgang mit Emotionen und Widerstand, bei der Rollenklärung und der Veränderung von Führungsparadigmen und –verhalten angesammelt haben, wird weiterhin vertraut. Und es ist nötiger denn je, ihn auf die Straße zu bringen!
  • „Agile Transformation“ sammelt notwendige Aktivitäten, die den Kunden wieder in den Fokus nehmen
    Der Selbstbefassungsgrad in Organisationen ist zu hoch! Bei all der Konzentration auf „leane“ Geschäftsprozesse, sichere IT und Schnittstellenklärung in der Matrix ist der Kunde aus den Augen verloren worden.
    Wer sich das agile Manifest zu Herzen nimmt und seine Organisation mit den Augen des Kunden betrachtet, bzw. den Kunden selbst in die Organisation hineinbringt, setzt den Fokus wieder richtig. Doch Vorsicht vor Scharlatanerie, denn die Methodenjunkies und Werkzeugverkäufer sind auf allen Marktplätzen unterwegs, um sie glauben zu machen, ein anderes Vorgehen (z.B. SCRUM) oder neue Rollen (z.B. product owner und agile Coaches) genügen und sie seien bereits agil.
  • Der Begriff „digitale Transformation“ scheint aufgeladen und missverständlich zu sein
    Die Ergebnisse unserer Umfrage überraschen: der „digitalen Transformation“ wird ein Vorteil im Veränderungserfolg nur bei dem Feld „Technologie“ zugetraut. Könnte es sein, dass es eine Veränderungsdisziplin die „digital“ genannt wird, gar nicht gibt, sondern (medial) der Anlass und Grund der Veränderung –Digitalisierung- und der Umgang damit in einen Topf geworfen wird? Ist es bereits „digitale Transformation“ wenn die wöchentliche Besprechung durch ein online Meeting abgelöst wird?
    Wir plädieren dafür, den Anlass und den anschließenden Prozess der Veränderung voneinander zu trennen und halten deshalb an wirksamen „analogen“ Methoden wie Barcamp, Marktplatz der Macher, kollegiale Beratung oder Delegation Poker fest.
  • Wirksame Veränderung segelt auf Sicht
    Denn sie ist
    – inkrementell: weil große Pläne schon veraltet sind, bevor sie erscheinen;
    – interaktiv: weil einsame Helden mit ihrem Latein schnell am Ende sind;
    – iterativ: weil Ungewissheit nicht in einem Zug bewältigt werden kann.

Das Veränderungsrepertoire zu verbreitern, die Change Agent Taschen mit Vielfalt und Varianz im Vorgehen zu füllen, ist das Gebot der Stunde

Ein Vorgehen in kleinen Schritten, das sich immer wieder der aktuellen Situation anpasst.
Die rasche Fertigstellung von Produkten und Artefakten, die sofort nutzbar sind.
Die Intelligenz und Kraft der Gruppe nutzen, um vielschichtigen Herausforderungen mit mehreren Optionen zu begegnen – darauf kommt es jetzt an.

1 Kommentar zu „digitale Transformation ist ein Missverständnis, aber Change Management lebt“

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