Der tägliche Krieg gegen Talente

Es ist eines der klassischen Themen der Führung und des Personalmanagements: Talente erkennen, binden und fördern.

Mein Lieblings Wirtschaftsmagazin brandeins widmet Talenten seine aktuelle Ausgabe und der von mir geschätze Essayist Wolf Lotter legt sich in seinem Beitrag mit der Praxis in den Unternehmen an (alles wörtliche Zitate):

  • Was Talent ist und wer welches hat – das wird meist von Leuten entschieden, die davon keine Ahnung haben.
  • Talente und Begabungen sind eine natürliche Bedrohung für alle, denen an der Änderung des Status quo nicht gelegen ist. Talente bringen Veränderungen. Das stellt das Vorhandene infrage – und stört.
  • Kann eine Personalabteilung, ein HR-Manager ein Talent erkennen und fördern? Kann das Assessment-Center, das Personalauswahlverfahren tatsächlich Talente für das Unternehmen auswählen? Oder doch nur die Besten fürs Assessment-Center finden?
  • Talente lassen sich nicht backen. Sie lassen sich nicht in beliebiger Zahl herstellen, steuern und kontrollieren – also managen. Das ist Aberglaube.

Findet in den allermeisten Organisationen ein „Krieg gegen die Talente“, also das Gegenteil des so oft zitierten „war of talents“, statt?

Unterschiede anbieten, Neues tun oder auch nur Bewährtes in Frage zu stellen, wird zwar als gute Idee, die wir verfolgen sollten, gekennzeichnet – aber was passiert dann? Das \“Akzeptanzmanagement\“ läuft an: eine Maschine aus kulturellen Regeln, Usancen, Zertifizierungen, Risikomanagement,.. und macht das Talent passend.

Ich finde, Personalentwicklung und Talentmanagement sollte sich trauen, mehr zu experimentieren. Statt mit viel Mühe und viel Ressourcen ausgefeilte Programme und Karrierepfade zu entwickeln und dann im Unternehmen durchzusetzen, rate ich zu offenen, kurzen Formaten, Belohnung von Unterschieden, Belobigung des Wagnis. Dabei ist Kollegiales Lernen der Vermittlung von Management- Tools überlegen.

Mein Fazit stammt wieder von Wolf Lotter: „Es wäre also ganz gut, außerordentlichen Leuten ein paar Extrawürste zu braten – und zwar klar und deutlich, in aller Öffentlichkeit, auf offener Flamme. Lobt die Talentierten! Fördert die Begabten! Verteidigt sie gegen die Mehrheit! Und sucht sie dort, wo ihr lebt und arbeitet. Wer ist für Talente zuständig? Führungskräfte mit Mut und Verstand, die nicht bloß ein bisschen geliebt werden wollen, sondern etwas zum Besseren verändern.“

1 Kommentar zu „Der tägliche Krieg gegen Talente“

  1. Super, Ihr Artikel. Scharfzüngig und voll auf den Punkt. Eines sei noch angemerkt: die Personalentwicklung muss noch gar nicht mal experimientieren. Sie muss sich nur die Mühe machen, aus den gegebenen (limitierten) Ressourcen das Beste herauszuholen. Genauso, wie ein Chefkoch.

    Ich freue mich auf weitere konstruktive Gedanken von Ihnen.

    Beste Grüße
    Carsten Seiffert
    Stärken-Training

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