Es ist eine der ältesten Geschichten über die Dynamik, die entsteht, wenn eine Management Gruppe mit Ungewissheit konfrontiert ist: der alttestamentarische Tanz um das goldene Kalb.
Moses war vor langer Zeit auf den Berg Sinai gegangen, um die zehn Gebote zu empfangen und die Israeliten am Fuße des Berges verloren den Glauben, dass er zurückkehren und sie weiter führen würde. Da sammelte Aron alles Gold ein, goss daraus ein Kalb und das Volk feierte ein Fest, brachte Opfer dar und tanzte um den neuen Götzen: das goldene Kalb.
Heute beobachte ich in manchen Organisationen eine ähnliche Dynamik. Sie erleben eine VUKA Welt (Volatilität, Ungewissheit, Komplexität, Ambiguität) und eine häufige Reaktion ist der Ruf nach neuen Methoden, die die
- Komplexität reduzieren
- Volatilität verringern
- Ambiguität einschränken und damit die
- Ungewissheit kleiner machen.
Sich dieser VUKA Welt zu stellen, d.h. die vier Phänomene wie „das Wetter“ zu begreifen und sich damit zu arrangieren ist immer noch nicht besonders ausgeprägt. Klar ist es verständlich, wenn ein Westeuropäer nach einer Woche Regen einen Fluch nach oben schickt, aber er ändert nichts (Bewohner anderer Regionen würden dieses Wetterphänomen wohl freudig begrüßen, genauso folgenlos).
Trotzdem wird in der herrschenden Managementlehre immer noch versucht „das Wetter“ zu beeinflussen. Darell Rigby untersucht seit Jahren für die Beratungsfirma Bain & Company die „TOP Management Tools“: Die goldenen Kälber sind alle da und werden weiterhin umtanzt!
• Benchmarking liegt seit dem Jahr 2000 immer unter den ersten fünf
• Strategische Planung seitdem immer auf Platz 1 oder 2
• Outsourcing ist natürlich auch immer unter den TOP 10, genauso wie
• Customer Relationship Management und natürlich ist auch die
• Balanced Scorecard seit 2010 unter den TOP 10.
Ich bin überzeugt, dass es andere Dinge braucht, um in einer agilen, digital transformierten, 4.0 VUKA Welt wirksam zu sein. 11 goldene Götzen müssen wir einschmelzen und die frei werdenen Ressourcen anders nutzen:
- Statt der Psyche, lieber die Struktur in den Fokus nehmen
- Statt vollständig und zu spät, lieber rasch und unvollständig kommunizieren
- Statt Gemeinsamkeiten zu betonen, lieber Unterschiede nutzen
- Statt die Dinge tot zu reden, lieber lebendige Ideen visualisieren
- Statt Methodik einzusetzen, lieber Haltung zeigen
- Statt exakt zu planen, lieber auf Sicht segeln
- Statt die Stelle zu besetzen, lieber die Rolle professionell ausfüllen
- Statt Leistung zu beurteilen, lieber Kooperation ermöglichen
- Statt kompliziert zu führen, lieber durch die Komplexität navigieren
- Statt Alphatiergehabe und Macht zu benutzen, lieber Einfluss gewinnen
- Statt als einsamer Held an der Spitze, lieber im Team führen
Diese 11 Irrtümer der Führung werde ich 2017 in einem neuen Buch diskutieren und in den Lotsenblogs dieses Jahres näher beleuchten. Ich freue mich auf ihre Kommentare…
Sehr geehrter Herr Hinz,
die von Ihnen gewählten Götzen kann ich gut nachvollziehen, ich habe sie oft genug erlebt, bei mir und bei anderen und ich finde diese Zusammenstellung auch schon ziemlich vollständig, es sind wohl die wesentlichen. Vielleicht passt ja noch das Paar: „Statt um Statussymbole zu kämpfen, lieber Verantwortung übernehmen“? Die Metapher „Götze“ unterstellt ein bewusstes Anbeten, da glaube ich, oft ist es schlimmer. Ich sehe die Begriffspaare wie Scalen und dann ergibt sich für mich das Thema „Überziehungen“ – auf beiden Seiten gibt es rote Bereiche – oder positiv Balance. Denn einfach 11 alte Götzen durch 11 neue zu ersetzen ist sicher nicht die Lösung, die Sie sich vorstellen. Noch nicht geklärt ist dann die Wechselwirkung zwischen diesen Größen. Für mich entsteht daraus die Frage: wie finde ich jeweils das Optimum von diesen Größen, auf diesen Scalen, woran richte ich sie aus bzw. wegen der Wechselwirkungen, wie lassen sie sich bündeln? Diese Frage scheint mir dabei wichtig, weil ich Untersuchungen erinnere, die sagen, Systeme mit mehr als 9 Variablen (mit mehreren Ausprägungen je Variable) erfolgreich zu steuern, ist auch für intelligente Menschen kaum machbar. Ich denke, das diskutieren dieser Themen kann bei der Beantwortung der Frage: „was brauche ich um zu führen und Verantwortung zu übernehmen bzw. um wirksam zu werden?“ helfen und die Aktionsmöglichkeiten erweitern.