marktplatz

Der Projektmarkt: wie knappe Projektressourcen wirksam verteilt werden

Zu viele Projektideen und zu wenige Ressourcen, um alle zu bearbeiten? Die typische Situation in Organisationen: es gibt immer mehr gute Projektideen als Mittel, die dafür zur Verfügung stehen.

Immer wenn heutzutage Entscheidungen über knappe Ressourcen anstehen, empfehle ich die Kraft der Gruppe zu nutzen, statt auf einsame Entscheidungen von denen „da oben” zu setzen.

Ein Projektmarkt funktioniert wie ein Handelsplatz, an dem Adam Smiths unsichtbare Hand über Verhandlungen den Ausgleich zwischen Ressourcen und Projektideen ermöglicht.

Es braucht dafür einen großen Besprechungsraum oder ähnliches, auf dem die Anbieter (Projektsponsoren und -leiter) im Kreis angeordnet sind, und die Käufer (Projektmitarbeiter, Budgetverantwortliche, Führungskräfte) sich von Marktstand zu Marktstand bewegen. Der Projektmarkt ist wie ein Basar organisiert, auf dem die üblichen Prozeduren zu beobachten sind: Es wird angeboten, die Qualität des Angebots kritisch geprüft, verhandelt, gefeilscht. Am Ende wird „eingeschlagen” oder zum nächsten Marktstand weitergezogen.

Ein „Marktvogt“ (Moderator*in) wacht über die Einhaltung der vorher vereinbarten Spielregeln.

Fünf Marktphasen

  1. Angebotsphase
    Jedes Projekt stellt sich den Käufern kurz vor und wirbt darum, dass sich ihm personelle und finanzielle Ressourcen zuordnen. Dabei achtet die Moderation darauf, dass die vorher vereinbarten Standards (Inhalte, Präsentationsform, Dauer etc.) eingehalten werden, um faire Marktbedingungen herzustellen.

  2. Prüfungsphase
    Dann werden die umworbenen Ressourcen (Projektmitarbeitende, Budgetverantwortliche, Führungskräfte) gebeten, sich an den Marktständen näher über die Angebote zu informieren und Verständnisfragen zu stellen. Es entsteht schnell eine Atmosphäre wie im Bienenstock: Stimmengewirr und Bewegung im Raum.

  3. Verhandlungsphase
    Nachdem die Verständnisfragen geklärt sind, beginnt die heiße Phase des Projektmarktes. Die Anbieter werben nun um die notwendigen personellen, finanziellen und weiteren Ressourcen (z. B. Laborkapazität), gehen auf potenzielle Käufer („Investoren”) zu oder versuchen, sie von anderen Projekten abzuwerben. Zugleich präsentieren die Käufer ihre Ressourcen möglichst attraktiv und versuchen, Vereinbarungen für ihren nächsten Projekteinsatz zu treffen.

  4. Vertragsphase
    Es entsteht immer wieder ein ähnliches Bild: Einige Projektsponsoren und -leiter haben ein so attraktives Angebot, dass an deren Marktständen das Projekt schnell mit Ressourcen ausgestattet ist. Sie signalisieren der Moderation, dass bei ihnen alles o. k. sei und beginnen bereits mit den ersten Gesprächen zum Aufsetzen des Projektes.

    Andere Anbieter und Nachfrager stehen eher unschlüssig und suchend auf dem Marktplatz, weil sie entweder nicht gesucht oder nicht gefragt wurden. Nun beginnt die zweite (und dritte) Runde der Verhandlungen, bei denen Käufer und Nachfrager Kompromisse machen müssen. Z. B. beginnt ein Projekt später oder ein Projektmitarbeitender akzeptiert eine Rolle, die nicht der erste Wunsch war. Eine Budgetverantwortliche findet kein attraktives Investment oder unterliegt beim Bieterwettstreit um ihr “Top-Projekt”. Sie investiert dann aber in ein zwar weniger attraktives aber dennoch wertversprechendes Projekt.

  5. Marktschluss
    Sobald deutlich ist, dass alle erreichbaren Verträge geschlossen sind, beendet die Moderation den Projektmarkt und holt das Feedback aller Teilnehmer ein. Es empfiehlt sich, dass sich die Moderation im Anschluss um die Anbieter und Nachfrager „kümmert”, die nicht zum Zuge gekommen sind.

Die Dauer des Projektmarktes hängt natürlich von der Anzahl der Anbieter und Nachfrager ab. Bewährt haben sich halb- oder eintägige Veranstaltungen. Märkte, die aufgrund der Vielzahl der Projekte und Beteiligten länger dauern, bezeichnet man oft als Projektmessen. Diese brauchen einen dementsprechend höheren Vorbereitungs- und Organisationsaufwand.

Digitale Projektmärkte „matchen“

Den Marktplatz kann man natürlich auch über digitale Anwendungen/ Apps etc. organisieren. Projektmitarbeitende pflegen ihre „skills“ und zeitliche Verfügbarkeiten, während Projektsponsoren die Projektideen in Bezug auf die benötigten Skills und den Zeitaufwand beschreiben. Dann erfolgt das „matching“.

In Organisationen, die

  • Projektideen vorab herausfiltern können (meist nach einem wirtschaftlichen und strategischen Bewertungsraster)
  • robuste Projektroutinen eingeübt haben und
  • viele Projekte gleichzeitig bearbeiten (z.B. Beratungsunternehmen, F&E intensive Organisationen)

macht ein matching über digitale Tools Sinn und ist hoch effizient.

In Organisationen, die in hoher Dynamik und Ungewissheit handeln (und daher keine robusten Bewertungsraster ausbilden können), greift ein digitales matching aber zu kurz. Dort ist der Projektmarkt mit seinen Aushandlungsprozessen das angemessene Format!

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen