Drei Leitplanken für wirksame Transformationen

1. Prinzipien statt Regeln

Wirksame agile Transformationen funktionieren eher, wenn sie sich auf die Formulierung von Prinzipien konzentrieren. Denn Prinzipien sind Regeln in unserer vielfältigen, flexiblen und ungewissen Welt überlegen!
Regeln sind allgegenwärtiger Bestandteil unseres (Arbeits-)lebens. Sie formulieren, was zu tun ist. Das ist bei Situationen gut und sinnvoll, die bekannt sind oder stabil prognostiziert werden können. Man muss nicht diskutieren und entscheiden, was zu tun ist, man folgt einfach der Regel. Basta!
Da aber die Digitalisierung das Tempo beschleunigt, ist es klug mehr auf die Kraft von Prinzipien und weniger auf Regeln zu setzen:

  • Weil Regeln, und seien sie noch so umfassend oder für unterschiedlichste Situationen und Fälle definiert, nie die Dynamik der digitalen Transformation abbilden können – Prinzipien gelten immer, also auch für unvorhersehbare Ausnahmen!
  • Weil die Kontrolle auf Einhaltung der Regeln nicht nur mühsam und zeitraubend, sondern auch nicht wertschöpfend ist.
  • Weil Regeln einen heldenhaften Führungsstil des “Command & Control” unterstützen, den ich für demotivierend und nicht zukunftsrobust halte.
  • Weil Prinzipien keine Vorgabe machen, was zu tun ist und deshalb jede Situation eine eigene, konkrete Entscheidung erfordert. Dieser „Zwang“ zur Entscheidung schafft Transparenz und Eigenverantwortung. Das Verstecken hinter der Regel gehört der Vergangenheit an.
  • Weil Prinzipien einen Rahmen abstecken, in dem Handlungsraum für Selbstständigkeit, Kreativität und Verantwortungsübernahme entsteht.

Wirksame Prinzipien sind z.B.
Kundenzufriedenheit und die aktive Einbindung der Stakeholder sind unser Fokus
Sie schaffen ein Ergebnis, das von den Nutzern akzeptiert und als wertvoll gesehen wird. Denn die Benutzer des Produktes, und nicht die Ersteller, bestimmen, ob ein Produkt erfolgreich ist oder nicht.
Wir präferieren Gruppenmeinung vor Einzelmeinung
Dieses Prinzip nutzt die Kraft der Gruppe, indem man Unterschiede, Hoffnungen und Befürchtungen genauso wie Begeisterung und Widerstand eine gute Heimat gibt.
Ausprobieren und Feedback Schleifen stehen vor Planerfüllung
Denn Prototypen, Experimente und Zwischen-Tests, also empirisches Vorgehen, sind einer detaillierten Planung über Monate oder gar Jahre bei der hohen Dynamik und Komplexität überlegen. Statt ermüdendem Durchhalten in der Planwirtschaft setzen sie lieber auf neugieriges Erkunden, offene Reflexion und stetiges Lernen.
Wir visualisieren und inszenieren
Bringen sie ein Projekt “unter die Leute” und laden zum Mitmachen ein. Statt sich über Dateiformate, Lese- und Schreibberechtigungen, Reporting-Vorlagen und andere Standards einigen zu müssen, benutzen sie offene Türen, sichtbare Task-Boards und Open Collaboration Plattformen.
Selbstorganisation und Ermächtigung
sind die wirksame Antwort auf die digitalen Herausforderungen, denen wir in Unternehmen begegnen. Die Zeit der einsamen Helden an der Spitze ist vorbei. Das Team vor Ort kann selbst am besten erkennen, welche Aufgabenstellungen eher kompliziert und welche komplex sind, und entscheiden, welches Vorgehensweise, welche Methoden und Tools es sinnvoll einsetzt.

2. Dezentral statt zentral

Agile, digitale Transformationsprozesse sollen die Organisation befähigen, auf die Tempoverschärfung und Dynamik der Digitalisierung gut zu reagieren. Damit kommt die Idee der zentralen Steuerung unter Druck, weil die zentrale Anweisung einen Flaschenhals darstellt. Alle Informationen müssen nämlich der Zentrale zugeleitet und von dieser wieder an die dezentralen Einheiten „durchgeleitet“ werden. Dies führt dazu, dass die dezentralen Bereiche einer Organisation oft zum Warten verdammt sind, weil auf eine Top-Management Entscheidung gewartet werden oder ein Angebot erst durch das Produktmanagement freigegeben werden muss.
Neue Wettbewerber, die aufgrund der digitalen Möglichkeiten sehr schnell auf den Markt kommen und ihre Produkte anbieten können, setzten Organisationen mit zentraler, zu langsamer Steuerung daher unter Druck.

Organisationen die agile Werte in die Tat umsetzen, stärken deshalb die dezentralen Einheiten und räumen ihnen hohe Eigenverantwortung ein.

Praktische Alltagsaufgaben und kundennahe Tätigkeiten werden dezentral bearbeitet, während die dazugehörige Produktinnovation und Strategie in den zentralen Einheiten verbleiben.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen im Spezialmaschinenbau hat eine zentrale Entwicklungsabteilung, mehrere Produktionsstandorte und zahlreiche Vertriebs- und Serviceniederlassungen. In diesen dezentralen Einheiten werden Messebeschickung, Marketing, Angebotsabgabe und Servicekulanz eigenverantwortlich organisiert und entschieden. Die Entwicklung neuer Produkte erfolgt zentral, die Produktion der Produkte wird nach einem internen Ausschreibungsverfahren an den jeweils effektivsten Standort vergeben.

Die dezentralen Einheiten kümmern sich um den Kundennutzen und deren Zufriedenheit. Sie haben keine Zeit sich über Trends, Strategie oder Produktentwicklung den Kopf zu zerbrechen. Dies überlassen sie der zentralen Entwicklungseinheit, die wiederum die Daten und das Wissen aus den dezentralen Büros nutzt. Prototypen werden sehr gern in den Vertriebs- und Serviceniederlassungen getestet, weil dort die relevanten Kundeninformationen direkt gesammelt werden können.

Dezentralität gegenüber zentraler Steuerung vorzuziehen, macht das Unternehmen nicht nur flexibler und schneller, sondern auch vielfältiger und „klüger“. Denn die Arbeitsteilung zwischen dem Zentrum und der Peripherie führt zu einer gegenseitigen Befruchtung.

3. Fluide statt starre Strukturen

Bereits an anderer Stelle habe ich darauf hingewiesen, dass hierarchische Strukturen wahrscheinlich zu starr und zu langsam sind, um den Herausforderungen der digitalen Transformationen wirksam zu begegnen. Organisationen, die Agilität umsetzen, gelingt es dagegen, die Strukturen zu verflüssigen. Bitte verwechseln sie dies nicht mit flexiblen Strukturen, die wir schon seit langem kennen. Klassische Flexibilisierer sind Outsourcing, befristetet Arbeitsverträge oder Auftragsfertigung.

Fluide Strukturen sind dagegen durch Vielfalt gekennzeichnet. Dies bedeutet, dass sich die Form der Bearbeitung jedes Mal neu an das Thema anpasst und die unterschiedlichen Bearbeitungsformen auch gleichzeitig in der Organisation existieren. Da werden die Produkte in klassischer Bandfertigung unter Zuhilfenahme von LEAN Prinzipien gefertigt, die Steuerungssoftware mit der SCRUM Methodik und Sprint Logik agil entwickelt und das Strategieprojekt nach Wasserfallmethodik mit Meilensteinen vom Vorstandsvorsitzenden gesteuert.

neue Wege

2 Kommentare zu „Drei Leitplanken für wirksame Transformationen“

  1. Super Artikel und gleichzeitig erinnert mich das schon an das VSM von Stafford Bear. irgendwie hängt ja doch alles zusammen…

    lg Dirk

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