Training oder Coaching? Geht es um die Schulung von Projektleitern wird diese Frage oft zu Gunsten des Trainings entschieden. Doch das greift viel zu kurz, denn die Annahme, gerade für Projektmanagement brauche es nur Werkzeuge, also Cockpitcharts, Pläne und Excelsheets ist falsch! Was in solchen Trainings fehlt, ist der Sprung zum wirklichen Führungsverhalten eines Projektmanagers, bei der die Haltung wesentlich erfolgskritischer ist als sein Instrumentarium. Ein Beispiel: der souveräne Umgang mit verschiedenen Interessen ist oft eine politische Gratwanderung im Unternehmen – Checklisten helfen da nicht weiter
Hinzu kommt, dass Konzepte, die in der Hierarchie erfolgreich und bewährt sind, sich nicht ohne weiteres auf die Führung im Projekt übertragen lassen. Projektleitung unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von Führung in dauerhaften Linienfunktionen und so ist die Haltung eines guten Kapitäns besonders nötig:
Organisationsübergreifende Zusammensetzung
Der Projektkapitän hat eine bunt gemischte Mannschaft: Mitarbeiter mit unterschiedlichen Kompetenzen aus verschiedenen Abteilungen mit ihren ganz eigenen Kulturen treffen aufeinander; hinzu kommen nicht selten große Hierarchieunterschiede. Dann sitzen dort Sachbearbeiter neben Entwicklern, der Abteilungsleiter der Buchhaltung neben dem persönlichen Referenten des Marketingvorstandes.
In Linie gibt es Stellenbeschreibungen, Regeln und definierte Prozesse. Doch im Projekt ist vieles neu – schließlich gibt es nur wenige definierten Schnittstellen, Regeln und Prozessanweisungen. Der Projektkapitän muss also in der Lage sein, die Erfordernisse der jeweiligen Situation zu erkennen, seiner Mannschaft aktiv beizustehen und das Projektschiff mit einigen sanften Ruder Bewegungen an den zwangsläufig auftretenden Klippen und unvorhersehbaren Untiefen vorbeizusteuern.
Teilzeitbeschäftigung im Projekt
Projekte sind nicht nur zeitlich begrenzt und stehen deshalb unter einem besonderes Terminfokus. Die Teammitglieder arbeiten unter Umständen parallel in weiteren Projekten und/oder in der Linienorganisation. So wird es zu einem Kampf um Ressourcen kommen, weil die „klugen Köpfe“ nicht nur im Projekt, sondern auch im Tagesgeschäft gebraucht werden.
Führen nach oben und unten
Der Projektkapitän steuert auch die Gremien des Projekts. Er muss nach oben führen und dafür sorgen, vom Projektauftraggeber die erforderlichen Entscheidungen zu bekommen. Dazu bedarf es politischen Gespürs, intensiver Arbeit im Vorfeld (Stakeholder-Management) und effektiver Kommunikationstaktiken. Auf der anderen Seite wirkt die Führungskraft im Projekt nach unten; sie muss das Team lenken und motivieren. Das ist ein Balanceakt zwischen manchmal gegenläufigen Interessen.
Führen als Fachvorgesetzter
Projektmanager sind in der Regel nicht mit den gleichen disziplinarischen Führungsinstrumenten ausgestattet wie Führungskräfte in der Linie. Sie führen als „Fachvorgesetzte“, also zeitlich und inhaltlich begrenzt auf die Projektaufgabe. Damit steht ihnen nur ein sehr eingeschränktes Repertoire zur Verfügung.
Insbesondere der letzte Punkt wird von unerfahrenen Projektleitern häufig beklagt. Am Ende sei die Hierarchie immer mächtiger, weil sie Belohnungen verteilen und Sanktion verhängen könne. Komme es zu strittigen Situationen, unterliege man in den meisten Fällen. Erfahrene Projektkapitäne wissen allerdings, dass sie die fehlende disziplinarische Macht nicht beklagen müssen, wenn sie auf aktive Führung mit Persönlichkeit setzten.
Und genau hier entfaltet Coaching seine spezifischen Vorteile: Der versierte Coach hilft natürlich, die Projektmanagement- Werkzeuge situativ sinnvoll einzusetzen. Er arbeitet mit dem Klienten aber vor allem an der Haltung.
Von einem guten Kapitän erwarten wir doch auch, dass er einerseits ein Schiff navigieren, Seekarten lesen und den Schiffsfunk bedienen kann. Was ihn über das hinaus aber auszeichnet: er managt die Interessen von Reeder und Besatzung souverän, steuert wach und konzentriert in aufkommende Unwetter und weiß mit Konflikten an Bord gelassen umzugehen.
Das Coaching von Projektleitern muss daher ausgewogen direktiv und moderierend gestaltet werden. Wie von John Heron (ausführlich stelle ich das in diesem Artikel dar) vorgeschlagen, sind die Beratungsinterventionen vielfältig: Mal bestimmt der Coach stark die Inhalte des Gesprächs, z.B. wenn es um den adäquaten Einsatz von Projektmanagement-Methoden geht. Moderierend ist er eher, wenn es um die Erkundung neuer Perspektiven, Unterstützung beim Finden der eigenen Position und um Entlastung in besonders schwierigen Situationen geht.
So erreicht Coaching von Projektmanagern vor allem eins: Projektleitung jenseits der reinen Planwirtschaft von Tools und Spiegelstrichlisten mit einem ausgewogenen Verhältnis von Handwerk und Haltung.
Denken Sie über Projektcoaching nach? Dann melden Sie sich kurz unter lotse@www.hinz-wirkt.de für ein erstes, unverbindliches Gespräch…