Es ist 5 vor 12 – wir verfehlen unsere Ziele – unsere Marktposition ist gefährdet – wir müssen schnell gegensteuern; so oder ähnlich klingt landauf und landab die Managementkommunikation im Herbst 2025.
Und die Reaktion ist altbekannt: Kosten sparen- Budgets kürzen – auf Effizenzprogramme konzentrieren.
Wie gelingt Change in Zeiten von Sparzwang und gleichzeitig hohem Veränderungsdruck? – eine Serie
Der Veränderungsdruck bleibt gerade in der Krise hoch. Denn wir können uns aus der Krise der Geschäftsmodelle nicht "heraussparen".
Gerade in der Krise ist es klug, die Kraft der Gruppe zu nutzen. Daher will ich im ersten Teil der Serie auf ein Großgruppenformat hinweisen, das etwas in Vergessenheit geraten ist…
Was ist Real Time Strategic Change?
RTSC (strategischer Wandel in Echtzeit) ist ein methodischer Ansatz mit dem Ziel, den strategischen Wandel in der gesamten Organisation simultan und schnell zu initiieren, zu diskutieren und die Umsetzung unmittelbar zu beginnen.
Typischerweise findet RTSC in einer mehrtägigen Konferenz (1,5 bis 3 Tage) mit einer großen Anzahl von Mitarbeitenden (oft 50 bis über 1000) aus allen Ebenen und Bereichen statt.
Das Vorgehen ist top-down: Die Hierarchie gibt den strategischen Rahmen und die Ziele vor. Die Teilnehmenden konkretisieren diese Strategie, entwickeln Umsetzungspläne und schaffen eine breite Basis für die Veränderung. Die Umsetzung beginnt sofort.
Welche Vorteile hat Real Time Strategic Change in Krisenzeiten?
- Geschwindigkeit
Gerade „5 vor 12“ ist die Umsetzungsgeschwindigkeit von hoher Bedeutung. RTSC ermöglicht es, strategische Weichenstellungen in Tagen statt Monaten vorzunehmen und die Implementierung sofort zu starten.
Da alle relevanten Ebenen und Bereiche gleichzeitig an der Strategieumsetzung arbeiten, ist eine hohe Geschwindigkeit des Change sowie die Reduzierung von Reibungsverlusten sichergestellt. - Klarheit
Das Format rüttelt auf und erzeugt den seit John Kotters Standardwerk bekannten „sense of urgency„. Die deutliche Kommunikation der aktuellen Realität, Dringlichkeit und der Folgen der „Nicht-Veränderung“ aktiviert die vorhandene Energie der Mitarbeitenden (Wie Angst Motor in Change Prozessen wird, habe ich hier detailliert erläutert). - Akzeptanz
Die gesamte Organisation ist aktiv am RTSC beteiligt. Konkrete Maßnahmen, Verantwortlichkeiten und nächste Schritte werden sofort geplant. Diese unmittelbare Anbindung an den Unternehmensalltag sichert Akzeptanz und commitment. - Vernetzung
Krisen erfordern eine bereichsübergreifende Perspektive. RTSC bringt diese Perspektiven im „Echtzeit“-Austausch zusammen und bricht Silos auf. - Resilienz
Die aktive Einbindung vieler Betroffener macht diese zu Beteiligten. Dies führt zu höherer Eigenverantwortung und Motivation für die Umsetzung – essenzielle Faktoren, um die Resilienz der Organisation zu stärken. - Implementierung
Viele Wege aus der Krise scheitern an der Umsetzung. Durch RTSC wird die Implementierung durch die gemeinsame Planung und das Commitment aller Teilnehmenden sofort in Gang gesetzt.
Wie läuft ein Real Time Strategic Change ab?
Ein typischer Ablauf (aus dem empfehlenswerten Buch von Matthias zur Bonsen), der an den spezifischen Kontext des Unternehmens angepasst werden muss, sieht so aus:
Vorbereitung
Jedes Großgruppenformat steht und fällt mit der Vorbereitung:
– Was ist der Rahmen des Möglichen, in dem gearbeitet wird?
– Was darf passieren, was ist tabu?
– Wie ist die Logistik, damit viele Teilnehmer gleichzeitig arbeiten können?
– Wer ist im Kernteam, das den RTSC vorbereitet?
– Welche Zahlen, Daten und Fakten werden benötigt?- Ein aufrüttelnder Beginn
Die Krise und deren drohende Folgen werden offen und schonungslos thematisiert und damit der Veränderungsdruck offensichtlich.
Gleichzeitig werden die Stärken und bisherige Erfolge der Organisation konkret mit Fakten belegt (die „Perlen der Organisation“). - Wege aus der Krise
Beginnend mit einem Input der Hierarchie werden die denkbaren kurz- und mittelfristigen Ziele, d.h. Wege aus der Krise beschrieben.
– Was machen wir jetzt anders? Was lassen wir weg; wovon machen wir mehr?
– Wie priorisieren wir diese Ziele angesichts der aktuellen Ressourcen und Budgets?
– Wie schätzen wir die Umsetzung dieser Prioritäten ein? - sofort umsetzbare Maßnahmen
Zum Ende des RTSC steht action planning im Fokus. Im Unterschied zur bekannten Maßnahmenplanung wie sie in klassischen Veränderungsprozessen üblich ist, stellt action planning auf die Mobilisierung, die Verteilung von Verantwortung und das Schaffen von commitment ab.
Es geht um mehr als nur eine Liste von To Do`s:
Strukturen bilden: Es werden „action teams“ gebildet, die sich selbst für die wichtigsten Handlungsfelder der neuen Strategie verantwortlich erklären sowie agil und selbstorganisiert arbeiten.
Verbindlichkeit schaffen: Der Prozess endet mit einem öffentlichen commitment dieser Teams vor der Großgruppe, ihre Pläne umzusetzen.
Warum Real Time Strategic Change einsetzen?
- Ein Real Time Strategic Change ist ein offenes Framework, das flexibel -auch an Krisensituationen- anpassbar ist.
- Durch die bewusste Einbindung der Hierarchie wird die Bedeutung und Wirksamkeit von Führungskonstellationen in Krisenzeiten gut genutzt.
- Der RTSC handelt in Echtzeit und ermöglicht eine schnelle Krisenreaktion.
